Theaterspielen für die Vergangenheit
Die norddeutsche Künstlertruppe „Das letzte Kleinod“ inszeniert die Gesichte von Orten und Menschen, die in Vergessenheit geraten sind. Die Stücke spielen am Strand, in Lagerräumen und verlassenen Gutshöfen – und machen Dramen sichtbar, die das Leben schrieb.
Ratternd ruckelt die „Nürnberg 761“ durch die Dunkelheit. Immer wieder ertönt die schrille Hupe des alten Eisenbahn-Triebwagens, draußen ziehen Schemen von Laubbäumen und düsteren Tannen vorbei. Plötzlich bleibt der Waggon stehen, eine helle Frauenstimme fordert die Fahrgäste auf, auszusteigen. Wenige Minuten später stehen rund 120 Menschen etwas verloren auf einem kleinen Platz inmitten eines Waldes im Nirgendwo, man tuschelt und rückt enger beisammen.
Es ist ein unheimliches Szenario, das sich hier offenbart. Die Nacht ist diesig und kühl, im Wald rufen die Käuzchen, leichter Nebel schwebt im Licht der Bahn-Scheinwerfer, die eine Laderampe bestrahlen. Da endlich treten die Schauspieler auf: Frauen in altmodischen Kleidern, die mit durchdringender Stimme erzählen von dem Ort, an dem heute Abend alle versammelt sind: der Muna Lübberstedt, einer Militärbrache nahe dem niedersächsischen Osterholz-Scharmbeck. Im Zweiten Weltkrieg mussten hier weibliche KZ-Häftlinge Munition und Seeminen herstellen, heute ist das Gelände Sperrgebiet. Das abendliche Stück der Theatergruppe „Das letzte Kleinod“ macht den Ort erstmals wieder zugänglich – und erzählt seine wechselhafte Geschichte.
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